fänger im weizen
(aus: z e i t l o s z e i t – UNPOLITISCHE UND POLITISCHE GEDICHTE, 2008, Verlag Turnshare)
krieg nicht verloren
wo’s doch mit befreiung geht
zeitlos zeit | |
niemals besiegt
im zuge der befreiung befreit
zwölf jahre lang
suchte der vater
in den widerstand
das arme kind
marschierte ins polenland
überlebt zur großen
rede im höchsten amt
für den signiertisch
immer frisch
das ungenannte umbenannt
www.sprachgeregelt.de/presserat
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Zum Gedenken an den Einfall in Polen
August 15, 2009
befreite söhne
betroffen
als post-postdeutscher
schämt sich der eine
für die seinen
die sprachlos
nicht wissen
damals nichts merkten
nichts verhinderten
in der reichskanzlei
handwerker waren
fließbandarbeiter
im eigenen weiterkommen
niedertrampelten was im wege
nach dem kriege
ferner kompatibel
hat der andre sich gestellt
rede nochmals von oben
die jetztdeutschen wollten
nicht etwa glauben
sie hätten diesen krieg
verloren
wurden besser gesagt
fünfundvierzig befreit
durch die siegermächte
von schreckensherrschaft
nicht von der väter söhne
die kriegsfreiwillig
hinaus- und hineinmarschierten
neununddreißig in polen
im namen aller deutschen
neunzehnneunzehn
zurückzudrehn
als des führers rechte hand
habe mit blick auf die beute
sein vater das schlimmste
ersparen wollen
den altdeutschen deutschen heute
die ihre kriege niemals verloren
vielmehr befreit
vom hineinmarschieren heute
den toten es schlagen um die ohren
(In: Horst Nägele, ZEITLOS ZEIT, Verlag Turnshare, 2008)
zeitlos zeit | |
LINK ZUM VERLAG: ZEITLOS ZEIT
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die leiden des alten wärter
dreiunddreißig
fünfundvierzig
achtundsiebzig
nullundsieben
ist geblieben
was damals rechtens war
kann jetzt nicht unrecht sein
ns-vollzugsjustiz ist stets bereit
nachdem das land von sich befreit
direkt vom befreier
dem furchtbarsten ungeheuer
fürs schnurstracks gezündet’ feuer
richtige vollstreckungseier
zwölf gewehre
euch zur lehre
wird erschossen
frei entschlossen
die stunde null genutzt
schön noch weggeputzt
kann niemals unrecht sein
achtundsiebzig noch im mai’n
wurde halt benutzt
gilt’s festzuhalten nullundsieben
keinen einz’gen umgebracht
hatte nicht entscheidungsmacht
war die schreckliche zeit
wer war denn schon gefeit
die öffentliche rede
ernst gemeint wie jede
bleibe so stehn
wäre ja gelacht
wollen das mal sehn
von wegen
alles mitgemacht
nehmen wir’s mal sacht
keiner stemme sich dagegen
intim im team
gegner vom ns-regime
wen soll denn das bewegen
in unsrer mitten
wird nicht lang gestritten
ganz schrecklich
demokratie erlitten
losung
woher des wegs
bist du einer von diesen
bist du einer von jenen
bist du was weiß ich wer
irgendwo gehörst du hin
wie es schien
so eine generation
das ist’s ja schon
heut’ wie einst
einst wie heut’
nichts ist wer
halt nur zur wehr
dreiunddreißig in bewegung
fünfundvierzig ach nein
ach ja es war die nazizeit
im nazideutschland
ganz entsetzlich
leben gegeben
für demokratie
kommt’s aus ötzis mund
marinerichter
der letzten und der ersten stund’
im widerstand
zum erschießen
mit name unbekannt
horst nägele